Vortrag im November 2024
„… UND SIE WAREN NACHBARN“
Die jüdischen Familien Bendix und Rosenbaum in Bad Gandersheim
Am Montag, d. 11. November 2024, stellten Marlene Brandt und Thomas Gelück das Leben und die Schicksale der beiden jüdischen Familien aus Bad Gandersheim vor.
Im Kaisersaal begrüßte die Vortragswartin der Museumsfreunde die sehr zahlreichen interessierten Gäste. Fotos von Familienmitgliedern, Abbildungen von Dokumenten in einem Powerpoint-Vortrag veranschaulichten einen Eindruck der beiden Familien.Familie Helene und Max Rosenbaum wohnten seit 1903 in Bad Gandersheim. Ihre drei Söhne Werner, Paul und Alfred sind in Bad Gandersheim geboren worden. Alle gingen hier auf die Schule, Paul und Alfred besuchten das Gymnasium. Sein Geschäft „Handel mit Manufakturwaren“, Moritzstraße 22, direkt hinter dem Rathaus, führte Max Rosenbaum ab 1903 so erfolgreich, dass er das ehemalige Haus der Reichspost an der Ecke Moritzstraße, Neue Straße im Jahr 1922 erwerben konnte. Hier ließ Max Rosenbaum einen großzügigen Geschäftsladen anbauen. 1928 gratulierte ihm das Gandersheimer Kreisblatt zu seinen erfolgreichen 25 -jährigen Geschäftsjubiläen.
1913 zogen seine Schwägerin und Schwager Kläre und Joseph Bendix ebenfalls nach Bad Gandersheim und eröffneten 1914 in dem vorherigen Geschäft der Rosenbaums Moritzstraße das Geschäft „Kaufhaus J. Bendix“. Ihre Tochter Gertrud und Ihr Sohn Rudolf besuchten beide das Gandersheimer Gymnasium. Die Weltwirtschaftskrise begründete den Niedergang des Kaufhauses Bendix, so dass die Familie Bendix ihr Geschäft 1930 aufgab.Der Aufstieg der Nationalsozialisten führte 1933 zur Machtübernahme im Deutschen Reich. Adolf Hitler wurde durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg Reichskanzler. Mithilfe der Reichstagsbrandverordnung sind die Grundrechte aufgehoben worden. So konnten Andersdenkende und politische Gegner der Nazis brutal verfolgt werden. Das judenfeindliche Denken der führenden Nationalsozialisten richtete sich pauschal gegen alle Juden. Allerdings anfangs auf einer wenig konkreten Ebene. Die Annahme, dass es ein fertiges Konzept der Judenverfolgung gab, ist falsch. Vielmehr radikalisierte sich die Verfolgung der Juden. Ausgehend von Ausgrenzung und Terror wollte man die Juden zur Flucht zwingen. Die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ führte ab 1941 zur Bildung von Ghettos und sollte die Vernichtung allen jüdischen Lebens bedeuten.
Die Familie Bendix hatte sich relativ früh zur Flucht entschlossen und „wanderte“ schon 1935 aus, da ihr Geschäft schon aufgegeben worden war.
Der Sohn Dr. Paul Rosenbaum ist 1937 mit seiner Frau Gertrud Weyl nach England geflohen. Der jüngste Sohn Alfred Rosenbaum ist 1939 nach Australien „ausgewandert.“ Werner hatte versucht auf verschiedenen Wegen auszuwandern. Alle Versuche scheiterten.Max, Helene und Werner sind 1937 nach Hannover verzogen, nachdem sie gezwungen waren, ihr Geschäft in Bad Gandersheim aufgegeben. Der Vater Max ist in Hannover mit 61 Jahren vorzeitig verstorben.Unmittelbar vor der Deportation hat Werner Lieselotte Rosen geheiratet. Zusammen mit ihrem dreijährigen Sohn sind sie im Dezember 1941 von Hannover aus nach Riga ins Ghetto deportiert worden. Alle drei gehören nicht zu den wenigen Überlebenden. Helene Rosenbaum ist im April 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert worden. Sie ist 1945 für tot erklärt worden. Die Schicksale dieser beiden Gandersheimer Familien veranschaulichen die grausamen Folgen des Juden-Hasses für den einzelnen Menschen. Die Verbrechen, die hinter den unvorstellbar großen Zahlen der Ermordung von Menschen durch die rechtsradikalen Nazis stehen, können ist so annähernd bergreifbar werden.
Liane Goslar bedankte sich im Namen der Museumsfreunde bei Marlene Brandt und Thomas Gelück für den Vortrag.Das Buch, das die Geschichte dieser beiden Familien auch in Bildern und in Dokumenten darstellt, kann im Buchhandel für 7,00 € gekauft werden. Der Bürgerstiftung Bad Gandersheim wird gedankt, dass sie den Druck der zweiten Auflage des Buches offen unterstützt hat. Der nächste Vortrag findet am 09. Dez. 2024 statt, es referiert Harm Smidt. In seinem Vortrag stellt Smidt Persönlichkeiten aus dem Kaisersaal vor.
Die Museumsfreunde hoffen zu ihrem Weihnachtsvortrag auf reges Interesse.
Gleichzeitig wird nochmals auf den Kalenderverkauf in der Tourist Information, Stadtmarketing und im städtischen Museum hingewiesen. Der Kalender mit historischen Aufnahmen wird für 5,- Euro angeboten.Da die Auflage auf 200 Stück begrenzt ist, lohnt es sich, schnell ein Weihnachts- bzw. Nikolausgeschenk zu sichern.