Vortrag am 17.April: Vom Kugeltopf zum Trinkbecher - Keramik Innovaton im späten Mittelalter
Das Biedermeierzimmer im Stadtmuseum hatte mit Herrn Johannes Klett aus dem Töpferdorf Fredelsloh nicht weit von Bad Gandersheim einen der kompetentesten Köpfe der archäologischen Töpferkunst eingeladen. Begrüßt von Museumsfreund Harm Smidt packte er zunächst seine zahlreichen Mitbringsel aus. Es war Anschauungsmaterial seiner archäologischen Forschungen und Arbeiten rund um das Töpfern und Brennen von Ton. Zuvor gab er einen historischen Rückblick in Geschichte und Landschaft rund um Fredelsloh und berichtete vom hier dominierenden Stift und Kloster sowie den im frühen Mittelalter herrschenden Familien wie derer von Northeim oder den Grafen von Dassel. Auch die Rivalitäten der Erzbistümer Köln und Mainz ließ er nicht unerwähnt. Dann kam er zu seinem eigentlichen Anliegen, dem Töpfern und dem dazu notwendigen Material, dem besonderen Ton in Fredelsloh. Anhand von eindrucksvollen Bildern konnte die Zuhörerschaft sich ein Bild von der besonderen Lagerstätte und dem hier zu findenden Ton machen. Dieser Ton hat ganz eigene Zusammensetzungen und war schon im frühen Mittelalter ein besonders geeignetes Material für Gebrauchsgeschirr der normalen Stadt- und Landbevölkerung. Aber Funde aus ganz Europa zeugen auch von der weiten Verbreitung Fredelsloher Töpferwaren wie etwa aus Nowgorod, Bergen oder Finnland. Hier wirkte der europäische Handel der Hanse als ein großer Verteiler. Herr Klett hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht, die schon sehr frühe, ja mittelalterliche Kunst der Herstellung von Töpferwaren nachzuvollziehen und wollte einmal einen solch mittelalterlichen Brennofen nachbauen und in Betrieb nehmen. Geholfen haben ihm dabei Ausgrabungen in Fredelsloh selbst und Forschungsreisen in alle Welt. In Fredelsloh konnte er zahlreiche frühmittelalterliche Funde von Tongefäßen, Scherben und andre Zeugnisse dieser Art verwenden. Mit Hilfe von Studenten der Archäologie, die auch heute noch ständige Gäste sind, begann er nach und nach einen solchen mittelalterlichen Brennofen nachzubauen. Doch es stellte sich heraus, dass viele Dinge zu beachten waren, ehe ein solches Werk erstehen konnte. Immer wieder warfen ihn Rückschläge nach hinten. Nicht nur die Konstruktion selbst, sondern auch die Feuerführung, die Zugbedingungen, Sauerstoffzuführung und Reduktion der Flamme sowie der Temperaturverlauf in Verbindung mit den Eigenschaften des örtlichen Rohstoffes stellten Klett und seine Mannschaft vor manchmal unlösbar scheinende Probleme. Mit vielen Bildern untermalte er seinen spannenden Vortrag, der immer wieder von Fragen aus dem Zuhörerraum unterbrochen wurde. Letztendlich konnte das Team von Johannes Klett aber zeigen, wie solch ein mittelalterlicher Brennofen funktioniert und brauchbares Geschirr dabei entsteht. Viele in solch einer Zeit arbeitende Vereine, so auch das Mittelalterhaus in Nienover, aber auch historische Gruppen beziehen aus Fredelsloh aus dem nachgebauten Brennofen ihr Material. In jedem Jahr im Sommer werden eine oder mehrere Chargen gebrannt. Die Besucher des Abends konnten das vom Vortragenden mitgebrachte Anschauungsmaterial in die Hand nehmen, sehen und fühlen, wie die Menschen in der damaligen Zeit mit Trinkgefäßen versorgt wurden. Es wurde auch deutlich, mit wie viel Arbeit, aber auch Geschicklichkeit in der Zeit vor 1000 Jahren solche Dinge hergestellt wurden. Klett hatte auch Literatur mitgebracht. Anhand dieser Beiträge ist diese alte Handwerkskunst von jedermann noch heute nachlesbar und nachvollziehbar. Was zurückbleibt, ist Hochachtung vor diesem Handwerk aber auch Bewunderung für die Leistung von Herrn Klett auf diesem Gebiet. Im KERAMIKUM in Fredelsloh bekommt man einen direkten Eindruck dieser archäologisch geprägten Leistung. Museumsfreundin Liane Goslar würdigte in einer kleinen Dankesrede diesen schönen Vortrag und überreichte ein Präsent. Da das Brennen von Ton bei hohen Temperaturen erfolgt, entsteht naturgemäß viel Durst. Das kleine Geschenk nahm darauf Rücksicht. Mit viel Beifall wurde der Redner verabschiedet. Er sollte ja schon 2020 diesen Vortrag halten. Doch Corona verhinderte das damals. Für den Monat Mai kündigte Frau Goslar als Vortragenden Herrn Christian Frege aus Bad Gandersheim an. Herr Frege hat sich besonders mit der Frühgeschichte von Gandersheim beschäftigt. Sein Thema lautet „ Frühgeschichte von Gandersheim“. Es geht also um die Zeit vor Gründung des Stiftes. Termin: Montag 08. Mai 2023 um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist wie immer frei.