Not und Schmach -1919 - 1923


Not und Schmach -1919 bis 1923 -
im Spiegel zeitgenössischer Medaillen-

Die Museumsfreunde Bad Gandersheim haben in den zurückliegenden 4 Jahren die Ereignisse des 1. Weltkrieg vor 100 Jahren durch die Sonderausstellung  im städtischen Museum und  durch zahlreiche Vorträge intensiv begleitet. Der erste Weltkrieg hatte in Deutschland eine Welle nationalistisch übersteigerter Kriegsbegeisterung hervor gerufen, in dessen Folge weit über tausend verschiedenartigste Silber- und Bronze-Medaillen geschaffen worden waren. Als dauerhafte Erinnerungsstücke konzipiert und von verschiedensten Einrichtungen und Personen verausgabt, hielten namhafte Künstler auf Ihnen die deutschen „Kriegshelden“ und „ruhmreichen“ Kriegsereignisse fest oder verspotteten die Feinde. Je länger sich aber der Krieg hinzog, desto mehr bestanden die Medaillen fast nur noch aus Eisen, zeigten Trauer und Not der Menschen - und dienten der Sammlung von Spendengeldern oder kriegsnotwendigen Gütern. Diese weltweit begehrten Sammelstücke waren Grundlage eines Vortrags im September 2018.

Mit dem Waffenstillstand vom 11.November 1918 keimte die Hoffnung auf Frieden und Normalität auf, doch der Vertrag von Versailles zerstörte alle diesbezüglichen Hoffnungen. Die Medaillen der ersten Krisenjahre 1919 bis 1923 der jungen deutschen Republik spiegelten folglich den Zeitgeist wider, in dem sie den „Schandfrieden“ von Versailles, die „Dolchstoß-Legende“, Not und Inflation, die Besetzung des Rheinlandes mit Soldaten aus den französischen Kolonien als „Schwarze Schmach“ und die Ruhrbesetzung als französischen Racheakt thematisierten. Erkennbar wird dabei, wie sehr diese Ereignisse und der nicht selbstkritisch aufgearbeitete Krieg dem ab 1933 folgenden Hitler-Regime den Boden bereitet haben.

Der Vortragende Wolfgang Egemann wird den Besuchern mit seinem multi-medialen Vortrag "Not und Schmach“ - 1919 bis 1923 im Spiegel zeitgenössischer Medaillen – am 14. Jan. 2019 um 19.30 Uhr im städtischen Museum Bad Gandersheim die Anfangsjahre der Weimarer Republik wieder anhand der kleinen "stummen" Zeitzeugen näher bringen. Im Anschluss kann der interessierte Besucher noch viele der im Vortrag per Beamer präsentierten Kleinkunstwerke im Original begutachten. 
Die Museumsfreunde würden sich über einen regen Besuch freuen. Der Eintritt ist wie immer  frei, Spenden sind willkommen.

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Bericht in der Tagespresse:


Der verlorene 1. Weltkrieg im Lichte von Gedenkmedaillen
Medaillen 1919-23Herr Egemann aus Kreiensen hatte schon im Jahre 2018 seine umfangreiche Sammlung von Münzen und Medaillen so sortiert, dass er anhand seiner Sammlerstücke ein plastisches Bild der Stimmungslage Deutschlands im Zuge des Verlaufes des 1. Weltkrieges im Rahmen der Vortragsreihen im Stadtmuseum präsentieren konnte. Der kenntnisreiche und geschichtsinteressierte Redner war nun auch bereit, die weitere Stimmungslage im Deutschen Reich nach dem verlorenen Krieg anhand seiner Medaillensammlung darzulegen. Medaillen sind ja ausgezeichnete Werbeträger von allen möglichen Ereignissen und Begebenheiten in der Historie und im Gedankengut von Ländern und Personen. Waren im ersten Vortrag noch Heldenmut, Kampfeswille und Tapferkeit die gängigen Motive der Medaillen, gepaart mit anfangs edlen Metallen und mit Portraits von Heerführern und tapferen Kämpfern, wandelte sich die Motive nach dem Kriege in rasanter Weise. Der Krieg ging verloren, die Bedingungen der Siegermächte waren für das geschlagene Deutschland erniedrigend und unerfüllbar. Die Not des Landes schien nicht mehr überbietbar. Gleichzeitig mussten Schuldige an der Niederlage gefunden und präsentiert werden.  Die Medailleure dieser Zeit griffen diese Stimmung im Lande begierig auf und entwarfen und produzierten in dieser Gemütslage eine schier unendliche Zahl von Einzelstücken. Nicht nur der bodenlose Hass auf den Erzfeind Frankreich, auf den ausbeuterischen Juden, auf die den deutschen Arbeiter knebelnden Kolonialsodaten, auf die die deutschen Frauen angeblich schändende schwarze Soldateska in den besetzten Gebieten am Rhein und die Darstellung hungernder Frauen mit ihren ausgemergelten Kindern waren bevorzugte Motive auf den Medaillen. Diese selbst spiegelten ebenfalls die Situation des Landes wieder. Der Mangel an edlen Rohstoffen führte dazu, dass kaum noch kostbare Metalle zur Verwendung kamen und auch Bronze war nicht mehr aufzutreiben. So mussten weniger edle Metalle wie Eisen, Zink oder Aluminium eingesetzt werden, und als selbst diese nicht mehr ausreichend zur Verfügung standen, wurden Tonmineralien benutzt. Selbst so prominente Hersteller wie die Manufaktur Meißen oder die KPM produzierten Medaillen in der oben genannten Art. Die politische Lage Deutschlands radikalisierte sich in diesem Umfeld mehr und mehr. Die Währung verfiel unter der Last der unbedienbar werdenden Reparationen, Streiks und Widerstand gegen die Ruhrbesetzung wiegelten die Bevölkerung auf. Radikale Parteien am äußersten rechten und linken Rand beherrschten bald die Parlamente im Reich, den Ländern und Kommunen. Die gnadenlosen Bedingungen des Versailler Diktats legten so den Keim für die kommenden Auseinandersetzungen. Dieses Umfeld beackerte der Vortragende mit seinen Medaillen in hervorragender Weise. Ganz ergriffen spendete die Zuhörerschaft am Ende der Ausführungen langen Beifall und die Vortragswartin der Museumsfreunde, Frau Liane Goslar, konnte nur herzlich danken und ein schönes Präsent überreichen. Nach dem Vortrag hatte da Publikum Gelegenheit, viele der gezeigten Stücke einmal in die Hand zu nehmen und diese aus der Nähe zu bewundern.

Frau Goslar kündete danach den nächsten Vortrag an. Museumsfreund Harm Smidt wird am 11. Februar, wieder um19.30 Uhr im Biedermeierzimmer über das Thema „Straßen in Bad Gandersheim, die sich nicht von selbst erklären“ referieren. Dabei gibt es aufschlussreiche Informationen und Bilder aus längst vergangener Zeit. Alle Interessenten sind bei freiem Eintritt herzlich eingeladen.

 

 

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Veröffentlichung

Mi, 09. Januar 2019

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